Montag, 7. Dezember 2009

Wie das Bonner Busnetz in die Openstreetmap-Karte kam - Ein Interview mit einem engagierten Mapper

Einer der Stärken von Openstreetmap (OSM), der durch abertausende von Freiwilligen vorangetriebenen freien Weltkarte, ist die Möglichkeit, verschiedenste raumgebundene Information zu erfassen und darzustellen. Dadurch können auch Karten entstehen, die angepaßt an spezielle Anforderungen ganz bestimmte Informationen visualisieren. Ein besonders schönes Beispiel dafür ist die öpnvkarte von Melchior Moos. Auf seiner Karte werden kurz und prägnant Bus- und Bahnverbindungen und die dazu gehörenden Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) dargestellt. Einen so einfachen und klaren Überblick über die vorhandenen Verbindungen bietet kaum ein Nahverkehrsunternehmen im Internet sondern höchstens auf einer Papierkarte an. Ganz zu schweigen von anderen Internetkartenanbietern, die beispielsweise keine Busverbindungen darstellen.

Alle Linien der Stadtwerke Bonn sind jetzt vollständig kartographiert



Doch am Anfang stehen engagierte Menschen, die die zu visualisierenden Daten, also die Bus- und Bahnlinien und die Haltestellen erfassen und in das vorhandene OSM-Kartenmaterial einpflegen. Peter (alias Fidoez) ist so ein Mensch. In den vergangen Monaten hat er, hier und dort aufbauend auf vereinzelt vorhandenen Daten, fast im Alleingang das gesamte Busnetz der Stadtwerke Bonn (SWB) erfasst und in die OSM-Datenbank eingepflegt. Seit ein paar Tagen sind die Daten für die Linien der Stadtwerke Bonn vollständig erfasst worden und das Resultat beeindruckt! Ein guter Anlass, um Peter über seine Motivation und seine Arbeit bei Openstreetmap zu befragen!

Peter, vielen Dank, dass Du Dich zu diesem Interview bereit erklärt hast! Du bist seit fast einem Jahr bei Openstreetmap aktiv. Wie bist Du auf OSM aufmerksam geworden?

Seit zwei Jahren setze ich mich immer in den Weihnachtsferien ans Internet und suche völlig wahllos nach Themen, die mich interessieren und in die man sich hinein vertiefen kann – und zwar richtig vertiefen. Dieses Thema nimmt dann in gewollter Weise einiges meiner freien Zeit in Anspruch. Letztes Jahr (2008) war es das Puzzle Eternity II, das – wenn überhaupt – nur mit massiver Computer-Rechenleistung zu lösen ist. Ich habe es bis Jahresende nicht gelöst, aber auch kein anderer Mensch auf der Welt. Dieses Jahr war es dann OSM.

Welche Arbeiten an der Karte machen Dir besonders Spaß?


Ich liebe schon immer Karten und Wege in Kombination mit dem Aufenthalt und der Bewegung im Freien. Bei mancher Wanderung durch die Alpen oder auch in der Bonner Gegend denke ich mir, wer diesen Weg wohl entdeckt oder vor geraumer Zeit geschaffen hat. Wie es wohl wäre, selber welche zu entdecken? Ich verlasse mich beim Wandern gerne auf Karten und staune immer wieder über ihre Genauigkeit. Als ich vor Jahren im Oberbergischen gewohnt habe, zeichnete ich mir von einem Waldgebiet, in dem keine Wege in käuflichen Karten eingezeichnet waren, selber eine Karte, um besser zu verstehen, wo welcher Weg hinführt. Diese Dinge kann ich jetzt in OSM für mich und natürlich für alle anderen Nutzer nun umsetzen. Die Faszination besteht für mich darin, dass ein eingegebener Weg oder Ort oder ein neues Waldstück wenige Stunden danach der ganzen Welt auf der OSM-Karte zur Verfügung steht.

Du hast Dich in den letzten Monaten intensiv mit den Bonner Buslinien beschäftigt und diese in weiten Teilen alleine in die Bonner OSM-Karte eingetragen. Wie kam es zu diesem Interesse?


Anfang des Jahres habe ich im Bonner Kottenforst noch einige neue Wege eintragen können. Doch bald gab es in Fahrradnähe von meiner Wohnung keine weißen Flecken mehr auf der OSM-Karte. Dann begegnete mir die ÖPNV-Karte, die noch sehr unvollständig war. So eine umfassende Karte gibt es meines Wissen nirgends. Jeder Verkehrsverbund hat zwar seine Netzkarte, doch übergreifend und mit allen Zoomstufen ist dieses Angebot von OSM einzigartig. So kann jeder Nutzer selbst beurteilen, welche Bus- oder Straßenbahnlinien zu seiner Reise am besten passt, und kann es als Zusatzoption zu ÖPNV-Routenplanern wie bahn.de oder vrs-info.de gezielt nutzen. Da musste ich einfach mitmachen und die Datenbasis verbessern.

Wie hast Du die Buslinienverläufe und Haltestellen erfasst?

Ideal wäre es natürlich gewesen, in jedem Bus mitzufahren, um so den Streckenverlauf zu erfassen. Das war mir aber zu zeitaufwändig und bot mir zu wenig körperliche Betätigung. So bin ich die Verläufe mit dem Fahrrad abgefahren. An vielen Strecken war mir klar, wo der Bus entlangfährt, und ich habe dann nur an Stellen, die verzwickte Verläufe oder getrennte Wege für Hin- und Rückrichtung aufweisen, auf einen Bus gewartet, um den wahren Verlauf aufzuzeichnen. Störend waren dabei öfters Baustellen, wo dann eine Umleitung für die Busse eingerichtet war. Diese Stellen bin ich dann später nochmals angefahren, wenn die Baustelle wieder verschwunden war. Die Haltestellen jedoch habe ich fast alle an-/abgefahren, um ihre genaue Lage links und rechts der Strecke zu erfassen. Bei 500 Haltestellen habe ich aufgehört zu zählen.

Mit welcher Software hast Du die Daten in die Openstreetmap-Karte eingetragen? Würdest Du Dir hier Verbesserungen wünschen?


Ich arbeite mit der Software JOSM, die mittlerweile ein gute Unterstützung für die Erstellung von sogenannten Routen also Buslinien aber auch Wanderwegen oder Fahrradrouten bietet. Anfang des Jahres war die Unterstützung durch JOSM noch wenig ausgeprägt und ich habe selber ein Script programmiert, das mir unabhängig von JOSM hilft, die Bus-Strecke zu erstellen, ohne Lücken im Verlauf zu haben oder versehentlich Haltestellen hinzuzufügen, die Hunderte von Metern neben der Strecke liegen.

Du hast beim Eintragen der Daten auch mit sogenannten Relationen gearbeitet. Vor Relationen schrecken noch viele Openstreetmap-Aktive zurück. Welche Tipps kannst Du denjenigen geben, für die Relationen noch neu sind, aber die ebenfalls Bus- oder Bahnlinien in ihrer Stadt erfassen und eintragen wollen?

Man kann Strecken des ÖPNV in OSM nicht ohne Relationen erstellen. Das heißt man braucht mehr oder weniger gute Kenntnisse zu Relationen. Dabei werden Relationen immer dann genutzt, wenn bestehenden Karten-Eigenschaften - also Knoten und Wegstücke - in Beziehung zueinander gesetzt werden müssen. Daher ja auch der Name. Dies gilt z.B. für Abbiegeregeln an Kreuzungen, Zuordnung von Hausnummern zu Straßen oder Zuordnung von Grenzen zu Ortsteilen und eben auch für Routen. Dabei sind leider die Relationen für Buslinien die kompliziertesten. Am besten fängt man mit Abbiegeregeln an – sie heißen in OSM restriction –, schaut sich das Prinzip von bestehenden Abbiegeregeln an und erstellt seine ersten Relation. Auch hierbei gibt es eine gute Unterstützung durch JOSM. Dann liest man ein wenig auf der OSM-Wiki-Seite zu Routen-Relationen und schaut auch hier wieder auf bestehende Exemplare. Wenn man dann selber eine neue Relation erstellen will, nimmt man sich eine bestehende, kopiert diese, löscht alle Elemente in der Kopie und passt die wesentlichen Eigenschaften an seine neue Buslinie an. Dann ergänzt man neue Elemente und fertig ist die neue Linie. Es muss ja nicht als erstes so etwas heftiges sein wie die Bonner Buslinie 630, die 173 Wegstücke und 142 Haltestellen enthält.


Die Bonner Openstreetmap-Karte wächst und gedeiht. Die Buslinien der Stadtwerke Bonn sind vollständig erfasst. Welche Informationen fehlen Dir momentan in der Bonner Karte? Woran möchtest Du demnächst arbeiten? Wo würdest Du Dir Unterstützung wünschen?


Die Bonner Karte ist nahezu perfekt. Es fehlen hier und da noch Points-Of-Interest, aber auch die werden stetig mehr. Dies steht im krassen Gegensatz zu ländlichen Gebieten z.B. dem Oberbergischen. Dort habe ich 7 Jahre gewohnt und kenne mich in ein paar Gegenden ganz gut aus. Manchmal sind bei OSM in den Orten nur die Durchgangsstraßen verzeichnet. Kleinere Ortsnamen fehlen vielfach. Und die sind wichtig, denn ich weiß noch, als ich dort hinzog, hieß es immer wieder, der wohnt in Bieshausen oder der in Schneppenhurt usw. Schon bald kaufte ich mir eine Wanderkarte, damit ich überhaupt einordnen konnte, wo diese Dörfchen alle lagen. Vielleicht könnte man ja mal eine Aktion starten, und zu mehreren in so eine Gemeinde fahren, um dort einen Mapping-Tag durchzuführen. Sobald das Wetter wieder wärmer wird und man es ein paar Stunden auf dem Fahrrad aushalten kann, werde ich wieder unterwegs sein und in weiter entfernten Gebieten den Bussen hinterherfahren, denn ich glaube nicht, dass ich mir - wie die letzten Jahre - diese Weihnachtsferien wieder ein neues Internethobby suche, denn OSM wird mich doch länger als ein Jahr fesseln.

Zum Schluss: Welche Tipps würdest Du neuen Openstreetmap-Usern geben?

Jeder Anfang ist schwer und das Angebot an OSM-Einstiegsseiten im Internet ist überwältigend und verwirrend. Am besten man wendet sich an jemanden, der schon bei OSM mitmacht oder geht zu einem Stammtisch. Denn die Unterhaltung von Mensch zu Mensch ist doch immer besser als die von Mensch zu Maschine.

Peter, vielen Dank für das Interview!

5 Kommentare:

  1. Wow, wir hier in Rostock sind auch gerade dabei unseren ÖPNV zu vervollständigen. Aber das ist mit Bonn natürlich kein Vergleich OO

    Good work! :)

    AntwortenLöschen
  2. Buslinien Mappen ist total verplemperte Zeit

    AntwortenLöschen
  3. in Dortmund ist ebenfalls dank eines Mappers die Buslinien vollständig plus alle Haltestellen, die importiert wurden.

    AntwortenLöschen
  4. Excellent work!

    I mapped one or two bus stops a couple of months ago and was about to map out the 606 and 607 (near where I live), but then discovered everything had been entered!

    AntwortenLöschen
  5. Anonym 8. Dezember 2009 12:13

    Da liegst du vollkommen falsch.


    AntwortenLöschen